Auf dem Wochenmarkt
Ach, wie schön war’n doch die Zeiten,
Als man noch von allen Seiten,
früh zum Zeitzer Neumarkt kam.
Wo die Händler mit den Buden
Freudig Leut’ zum Einkauf luden,
Feil bot man so manchen Kram.
Berta Beul und Bernd ihr Gatte,
Sie ist klein, doch er ’ne Latte
Und mit Schuh’n zwei Meter zehn.
Heute wollen sie nicht streiten,
Sondern mal zum Markte schreiten
Und ein bisschen Bummeln geh’n.
Drum an einem schönen Morgen,
Zieh’n die Beul’s ganz ohne Sorgen
Hin zum Platze in die Stadt.
Sie woll’n Harzer Käse kaufen,
Den aus Reuden, der kann laufen,
Wenn er schon die Reife hat.
Wie sie grade dreh’n die Runde,
Hungert’s Bernd zur elften Stunde.
Schon kann er die Bude seh’n,
Wo man Bockwurst auf die Schnelle,
So ganz prall, mit dunkler Pelle,
Für acht Groschen kann ersteh’n.
„Bitte eine Wurst im Brötchen.“
Dann streckt Beul ganz brav sein Pfötchen,
Um zu löhnen den Verzehr.
Wie sie lacht, die Wurst die braune,
Sorgt doch gleich für gute Laune
Und vielleicht ein bisschen mehr.
Weil der Hunger jetzt am größten,
Und des Gaumens Lust am höchsten,
Beißt Bernd zu, ganz infantil.
Doch sie spritzt, die Wurst, die heiße,
Trifft auf Bertas Kleid, das weiße
Und bemustert ihr Textil.
Ganz benommen steht die Arme
Schimpfend auf die Wurst im Darme,
Voll des Grams auf ihren Mann.
So scheint der Familienfrieden
An dem schönen Tag hienieden,
Wo er doch so froh begann.
Und nach dem Zwist mit Mann und Wurst
Verspürt Frau Beul sehr großen Durst,
Muß frönen den Pläsieren.
Um zu vergessen schnell ihr Leid,
Kauft sie zur wärmsten Mittagszeit
Eines von Oettler’s Bieren.
Schnell öffnet sie’s mit forschem Drang
Und zischend, flippig hellem Klang.
Das Bier schießt mit Getose.
Denn aus der Flasche prallem Bauch
Spritzt dieses wie ein Gartenschlauch
Auf Beules helle Hose.
Vom Hosenschlitz, hinab das Bein
Zeigt wie ein Rinnsal sich die Pein
Mit dunkelnassem Flecke.
Auch kommt er hier so schnell nicht fort
Zu einem wohl geschützten Ort,
Wo er sich flugs verstecke.
Seht die Leut’ nur, wie sie gaffen,
Wie im Zoo die lüstern Affen.
Ihr Urteil klingt vermessen:
„Die können nicht mal Wurst verzehr’n
Und unfallfrei ’ne Pulle leer’n
Ohne sich zu benässen.“
Doch ein Schelm wer Böses denket,
Weil das Schicksal anders lenket,
Als die Leute meinen hier.
Glück und Pech schafft neue Bande,
D’rum bestell’n die Beul’s am Stande:
„Noch zwei Bockwurst und zwei Bier.“